Da die Frage hier öfters aufgetaucht ist eröffne ich mal einen eigenen Thread dafür. :winki:
Viele sind mit der Serienbremse nicht voll zufrieden. Man kann die Serienbremse verbessern oder
aber gleich eine Mehrkolben-Festsattelbremse an der VA nachrüsten. Das ist die konsequenteste
Lösung.
Allerdings gilt es dabei ein paar Basics zu beachten. Die Bremse muss zum Auto passen. Das betrifft
nicht nur die baulichen Belange - passt sie dran oder nicht, sondern eben auch die Hydraulische Seite.
Eine Nachrüstbremse muss zu Hauptbremszylinder (HBZ) und HA-Bremse passen, also eine ähnliche
Kolbenfläche besitzen wie der vorher vorhandene Seriensattel.
Leider ist das nicht der Fall, wenn man blind irgendwelche Sättel von anderen Autos übernimmt,
denn die sind oft auf ganz andere HBZ abgestimmt. Bei größeren Mühlen (Cayenne etc.) ist auch
dieser Durchmesser meist größer.
Nun, was passiert, wenn die die Summe der Kolbenflächen (bei Festsätteln rechnet man nur eine
Sattelhälfte) zu groß ist?
Das ist einfache Physik und lässt sich leicht berechnen. Vereinfacht ändert man die Hebelverhältnisse
und tauscht Kraft gegen Weg. Oder umgekehrt. Bei zu großen Kolben im Sattel und gleich bleibendem
HBZ verringern sich die Betätigungskräfte (Fußkraft), aber gleichzeitig verlängert sich der Pedalweg
und außerdem (wenn die HA so bleibt wie sie ist) verschiebt sich die Bremsbalance nach vorne. Die
HA bremst also weniger mit und erreicht mglw. nicht die Blockiergrenze.
Das Resultat sind dann natürlich auch verlängerte Bremswege - egal wie schön giftig sich das anfühlt.
Außerdem muss das Pedalgefühl weicher sein, zumindest weicher als bei einer perfekt angepassten
Festsattelbremse.
Ein paar Dinge kommen noch hinzu: Eine gute Festsattelbremse ist per se steifer, zeigt weniger Hys-
terese (bitte ggf. googeln, ich mag es jetzt nicht erst noch erklären), somit ist der Wirkungsgrad
besser, auch die Dosierbarkeit. Es geht weniger Pedalkraft durch Reibung innerhalb des Sattels ver-
loren als bei Faustsätteln mit nur einem Kolben, die aus zwei (eine davon beweglich) Hälften bestehen
(Serie). Hinzu kommen meist größere Scheibendurchmesser (also auch größerer wirksamer Radius
ergo Hebel) und oft auch Beläge mit etwas höheren Reibwerten. Auch diese Faktoren verlagern die
Bremsbalance also auf die VA !!
In Summe ist das dann also gerne mal zuviel, was dann zu einem "Unterbremsen" der HA führt, deren
Verzögerungsvermögen also nicht voll genutzt wird, mit der Folge eine verlängerten Bremswegs.
Ein Wort noch zur Steifigkeit: Ist der Sattel in sich nicht so steif wie möglich, verwindet er sich
also durch die Betätigungskraft (durch die Untersetzung liegen die Kräfte im Tonnenbereich), dann
kostet auch dieses Nachgeben Pedalweg !! Und glaubt mir, es gibt Unterschiede zwischen Sätteln
verschiedener Preisklassen. Bei manchen kann man im Stand die Verwindung sehen, man anderen
sieht man absolut nichts, wenn eine zweite Person voll auf das Pedal tritt.
Was also tun?
Nun, es liegt auf der Hand: Die Kolbenflächen eines Nachrüstsattels dürfen nicht größer sein als
Serie. Am besten sie sind sogar etwas kleiner, jedenfalls wenn der Scheibendurchmesser steigt
und schärfere Beläge gefahren werden sollen.
Das Thema ist absolut nicht neu und jeder Ingenieur, der sich mit Bremsen, ob nun Serie oder Nach-
rüstteile, Rennsport oder was auch immer, beschäftigt, weiß das. Leider findet es in der Tuningszene
kaum Beachtung. Der Grund wird wohl in der Unwissenheit liegen. Einem normalen Autofahrer kann
man das selbstverständlich nicht vorwerfen, sehr wohl aber denen, die sowas anbieten und sich als
Profis bezeichnen, die angeblich eine Bremse "entwickelt" haben wollen (und sie in Wahrheit wohl eher
von der Stange bestellt haben).
So, und dann hier einfach mal ein Vergleich der Seriensättel mit diversen gängigen Nachrüsttypen.
Auch die Hauptbremszylinder sind aufgeführt. Eigentlich spricht es fast für sich selbst:
1. Serie VA:
Scirocco/Golf/GTI - Ate FN3 54 mm Sattel: 2290 mm²
S3/R32/R - FNRG 57 mm: 2552 mm² (G7 R noch nicht überprüft, aber dürfte genauso sein)
2. Aftermarket - passt brauchbar bis bestens:
AP Racing 6-Kolben CP7068 (355x32 ) > 2350 mm² (spezielle Version des CP7040-Sattels für Golf V/VI, Scirocco etc.)
AP Racing 6-Kolben CP5570: 27.0 + 31.8 + 38.1 mm > 2507 mm²
Audi TT-RS: 36 + 40 mm > 2275 mm²
Boxster: 40 mm + 36 mm > 2275 mm²
Boxster S: 40 mm + 36 mm > 2275 mm²
993 Turbo: 36 + 44 mm > 2538 mm²
Brembo GT 'A-Sattel': 40 mm + 36 mm > 2275 mm²
Stoptech ST-40: 38 mm + 34 mm > 2043 mm²
K-Sport 8-K.: 31 mm + 26.5 + 26.5 + 26.5 > 2409 mm²
Mov'it-Sättel:
4s2 - 36 / 44 = 2538 mm²
4s3 - 36 / 44 = 2538 mm² (u.a. als VAG-Kit mit 322x32er Scheibe, geht unter 17")
4m6 - 36 / 44 = 2538 mm²
6m1 - 28 / 32 / 38 = 2554 mm²
Tarox 6K 325x28mm (2-teilig, F2000): 31 + 34 + 31 mm - > 2418 mm² (mit TÜV für Golf 5/6/7-Plattform mit 288er und 312er Bremse)
3. Aftermarket - Mismatch, zu deutsch: mittelprächtig bis Murks:
Forge: 707 mm² + 1046 mm² + 1164 mm² = 2917 mm²
Mov'it-Sättel:
4s4: 40 / 44 = 2777 mm²
4s5: 38 / 46 = 2796 mm²
6m3: 30 / 34 / 38 = 2749 mm²
Audi RS6 : 4192 mm² (völlig unpassend, schlimmer geht's gar nicht)
996 Turbo: 40 + 44 mm > 2777 mm²
Q7/Touareg/Cayenne (es gibt drei):
34/36/38 mm > 3060 mm²
32/36/38 mm > 2956 mm²
30/34/38 mm > 2749 mm²
Wilwood FNSL6R: 41.1 + 28.4 + 28.4 mm > 2602 mm²
4. HBZ:
- 22,22 mm > 388 mm² (einige Golf V, evtl. manche Scirocco etc.)
- 23,81 mm > 445 mm² (Golf V R32, Golf V GTI, Golf VI GTI, Golf VI R, Scirocco 2.0T + R, anscheinend auch G7 R)
- 25,40 mm > 507 mm² (Audi S1, RS3 + TT-RS)
5. Hinterachse:
Serie G5/G6 GTI: C38 > 1134 mm²
Serie S3 8P/G5 R32/G6 R: C41 > 1320 mm² (vermutlich auch G7 R, hab die TN aber noch nicht abgeglichen)
Movit 4m1: 28 + 30 = 1323 mm²
Movit 4m2: 28 + 30 = 1323 mm²
Dieser Vergleich allein schon sollte zeigen, dass man mit einem Universalsattel oder einem von irgend-
einem anderen Auto eigentlich keinen Blumentopf gewinnen kann.
Die Kolbenfläche ist kinderleicht leicht zu ermitteln, wenn man den Durchmesser hat:
Pi * Radius² = Kolbenfläche
Und wie gesagt, bei einem Faustsattel eben dieser eine Kolben, fertig. Bei einem Festsattel darf man nur
eine Seite rechnen, aber natürlich muss man die Summe aus den (oft unterschiedlich großen) Kolben bilden.
Ich hoffe, man versteht, was ich damit sagen wollte. Macht euch einfach Gedanken, falls ihr umrüsten wollt.
Aussehen ist nicht alles. Passen muss eine Bremse, damit sie funktioniert, denn darauf kommt es doch an.
:winki: